Kennzahlen

Kennzahlen sind zunächst einmal Mittel der Kontrolle. Die Funktion der Kennzahlen hängt daher davon ab, wer die Kontrolle zu welchem Zweck ausüben will. Die Arbeitszeiterfassung erlaubt es, die Länge der Arbeitszeit durch eine Kennzahl zu kontrollieren. Voraussetzung dafür ist, das die Kolleginnen und Kollegen ihre Arbeitszeit erfassen. Dagegen setzen viel Arbeitgeber auf „Vertrauensarbeitszeit“ – im Vertrauen auf ihre Fähigkeit, die Kolleginnen und Kollegen zum Arbeiten zu bringen. Kennzahlen erlauben also auch einen Unterschied zwischen den tatsächlichen Verhältnissen und den in den Kennzahlen abgebildeten. Die Kontrolle – so könnte man das beschreiben – ist äußerlich. Die Kenntnis der Kennzahlen ersetzt die tatsächliche Kenntnis der Länge der faktischen Arbeitszeit. 

In den Unternehmen werden Kennzahlen umfassend zur Kontrolle eingesetzt. Die Führungskräfte können und sollen teilweise nicht mehr unmittelbar wissen, wie die Arbeit genau zu leisten oder umzusetzen ist. Daher brauchen sie äußerliche Kontrollen, die anzeigen, dass die Kolleginnen und Kollegen im Interesse des Unternehmens gearbeitet haben. Diese äußerlichen Formen der Kontrolle bieten die Kennzahlen.

Die Äußerlichkeit von Kennzahlen 

Kennzahlen beziehen sich erstens nicht auf das Arbeiten selbst, sondern ausschließlich auf die Arbeitsergebnisse. Zweitens beziehen sie sich nicht auf die Ergebnisse insgesamt, sondern auf nur auf jeweils einen bestimmten Aspekt der Arbeitsergebnisse. Daher kann es rein theoretisch unendlich viele Kennzahlen geben, unter denen ein Arbeitsergebnis betrachtet wird. Man kann also – je nach Bedarf – andere Kennzahlen bemühen, um bestimmte Arbeitsergebnisse miteinander zu vergleichen. Durch die sogenannte „Öffnung zum Markt“ kann man immer die „weltbesten“ Anbieter bestimmter Leistungen zum Vergleich heranziehen, sofern man die Daten des „Weltbesten“ zur Verfügung hat. Meist reicht es aber aus, wenn man zwischen verschiedenen Abteilungen oder Teams innerhalb eines Unternehmens Vergleiche über – verschiedene – Kennzahlen anstellt.

Kennzahlen und Unternehmerfunktion

Die Unternehmen stellen den Teams bestimmte Kennzahlen zur Verfügung, um die Führungsarbeit im Team zu orientieren. Dadurch fangen die Kolleginnen und Kollegen an, ihre eigenen gemeinsamen Arbeitsergebnisse anhand der Kennzahlen und im Vergleich zu anderen Teams zu bewerten. Solche Vergleiche zu organisieren, sie an bestimmten Kriterien zu orientieren und auf bestimmte Felder zu lenken, ist eine Kernaufgabe der Führungskräfte.

Kennzahlen und Zielzahlen

Kennzahlen dienen der Ermittlung von Zielen, die sich in der Regel von dem Zustand unterscheiden, der gegenwärtig vorherrscht. Ein einfaches „Weiter so!“ ist kein Ziel. Das Ziel liegt in der Regel höher oder drückt ein vermehrtes Engagement unter erschwerten Bedingungen aus. Das Ziel ist meist nur erreichbar, wenn das gemeinsame Arbeiten weiterentwickelt wird.

Die Kolleginnen und Kollegen müssen also nach „Verbesserungsmöglichkeiten“ suchen, die es ihnen ermöglichen, das nächste „ambitionierte Ziel“ zu erreichen. Die Kennzahlen und die Zielzahlen machen aus der Sicht der Führungskräfte „Performance Gaps“ – Reserven in der Verbesserung des Erfolges der Arbeit – sichtbar. Sie heben Produktivitätsreserven bei den Kolleginnen und Kollegen, die die Führungskräfte nicht konkret kennen – und oft auch nicht kennen wollen. Die Führungskräfte locken die Produktivitätsreserven über den Umweg von Zielzahlen hervor. Sind die gewünschten Verbesserungen auf bestimmten Gebieten erreicht, streben die Unternehmensleitungen Verbesserungen auf anderen Gebieten an. So lässt sich in den Kennzahlen eine Entwicklung abbilden, die aus der Sicht der Unternehmen zu einem nachhaltigen Unternehmenserfolg beiträgt. Diese Entwicklung ist zum, Beispiel in der sogenannten „Balanced Scorecard“ vorgebildet. Sie stellt die Unternehmensentwicklung anhand von sich in ihrer Bedeutung ablösenden Kennzahlen vor.

Kennzahlen als Abbildung der Entwicklung von Unternehmen

Die langfristige Sicherung der Profitabilität wird demnach über die Orientierung an Stufen der Entwicklung vorgenommen, die in den Kennzahlen erfasst wird. Die erste und grundlegende Stufe, in der sich auch alle anderen Stufen letztlich darstellen müssen, ist die „finanzwirtschaftliche“ Stufe. Sie umfasst Zahlen zu Umsatz, Gewinn etc. Es folgt die Stufe der Verbesserung der Kundenorientierung. Ist diese Stufe bearbeitet, so kommt die Stufe der Weiterentwicklung der internen Prozesse an die Reihe. Den Abschluss bildet die Stufe des organisationalen Lernens des Unternehmens. Unter „Lernen“ versteht man in diesem Falle die Fähigkeit, in sich verändernden Märkten die Profitabilität des Unternehmens zu sichern. Dazu fordern die Unternehmen zwei Fähigkeiten von den Kolleginnen und Kollegen. Einerseits sollen sie schnell auf Veränderungen reagieren. Andererseits sollen sie selbst Trends auf dem Markt setzen. Das zwingt konkurrierende Unternehmen sich anzupassen. Jede dieser Stufen hat ihre bestimmten Kennzahlen. Die Stufen sollen in ihrer Gesamtheit eine nachhaltigen Gewinnentwicklung sicherstellen.

Kennzahlen sichern keine Objektivität

Durch Kennzahlen konfrontieren die Unternehmensleitungen die Beschäftigten immer wieder mit der Notwendigkeit, nach „Verbesserungsmöglichkeiten“ zu suchen. Das erhöht den Druck auf die Zusammenarbeit der Beschäftigten erheblich. Der Charakter der Zahl sichert den Schein der „Objektivität“ der Bewertung, gegen die man also nichts machen kann. Tatsächlich ist die Kennzahl aber nicht Ausdruck der Objektivität, sondern der Unkenntnis der Führungskräfte über die tatsächlich geleisteten Arbeitstätigkeiten.

Irrationale Kennzahlen 

Das führt einerseits zu oft irrationalen Anforderungen, deren Erfüllung nicht in der Arbeitszeit geleistet werden kann. Anderseits zu dem Bedürfnis der Beschäftigten, die Kontrolle durch Kennzahlen durch tricks zu umgehen oder direkte zu täuschen. Daher wäre eine Entwicklung der Kennzahlen „von unten“, d.h. eine von der Kenntnis der realen Arbeitstätigkeit der Kolleginnen und Kollegen ausgehende Entwicklung der Kennzahlen dringend notwendig. Denn die Erhöhung der Kennzahlen ohne Fachkenntnis der Arbeit führt zu unkontrolliertem Druck auf die Teams und Abteilungen, der sich in einer ebenso unkontrollierten Verlängerung der Arbeitszeit äußert.