Indirekte Steuerung der Beschäftigten grenzt sich zunächst (bloß negativ) ab von der direkten Steuerung. In diesem Vergleich erscheint sie als die „modernere“ Form der Organisation der Arbeit in Unternehmen.
Direkte Steuerung wäre demnach: Führungskräfte sagen jedem Beschäftigten und jeder Beschäftigten genau, was er, was sie in welchem Falle zu tun hat, mit wem, wann und wie.
In dieser Entgegensetzung ist die Indirekte Steuerung zweifellos ein Fortschritt. Denn sie besteht demnach darin, auf solche direkten Anweisungen zu verzichten. Diese bloß negative Abgrenzung der indirekten Steuerung lässt offen, wie die Beschäftigten dazu gebracht werden, im Unternehmensinteresse zu handeln. Die Theorie der indirekten Steuerung beantwortet diese Frage aus der Sicht der Beschäftigten.
Reagieren auf die Veränderung der „Umwelt“
Die Voraussetzung der indirekten Steuerung ist der jüngste Fortschritt in der Entwicklung der Produktivkraft der gesellschaftlichen Arbeit. Die Beschäftigten setzen sich in der Arbeit selbst mit ihrer Art der Zusammenarbeit und ihrer Produktivität auseinander. Die Unternehmen passen sich dieser Entwicklung an, indem sie die Organisation der Arbeit verändern. Sie konfrontieren die zusammenarbeitenden Kolleginnen und Kollegen mit einer organisierten marktähnlichen „Umwelt“. Diese wird immer wieder verändert. Die organisatorischen Einheiten – z. B. die Teams – müssen sich immer wieder anpassen und als profitabel erweisen, um sich zu behaupten.
Die Kolleginnen und Kollegen reagieren darauf, indem sie ihre Arbeit immer wieder bearbeiten. Dabei übernehmen sie mehr und mehr Unternehmerfunktionen, die sie gemeinsam wahrnehmen. In dieser Funktion richten sich die Teammitglieder gegen andere Marktteilnehmer außerhalb des Unternehmens, gegen andere „Marktteilnehmer“ innerhalb des eigenen Unternehmens, vor allem aber auch gegen sich selbst als Individuen. „Wir“ im Team haben die Unternehmerfunktion. Ich, Du, Er, Sie – dieselben „Wir“ aber als Einzelne – müssen es tun. Die dafür einschlägigen Mechanismen werden von der Arbeitssoziologie und von der Arbeits- und Organisationspsychologie erforscht und wissenschaftlich aufbereitet. Die Theorie der indirekten Steuerung kritisiert diese wissenschaftlichen Leistungen aus Sicht der Beschäftigten.
Die Unbewusstheit ist die Schranke der indirekten Steuerung
In diesem Zusammenhang wird immer wieder die Frage aufgeworfen wird, wie die indirekte Steuerung zu bewerten ist. Insofern sie ein Ausdruck der Produktivkraftentwicklung ist, handelt es sich um einen wesentlichen Fortschritt. Wie jeder Fortschritt im Rahmen der kapitalistischen Produktionsweise ist auch dieser Fortschritt mit spezifischen Kosten und Belastungen für die Beschäftigten verbunden. Darüber hinaus wirkt die indirekte Steuerung – im Unterschied zur direkten Steuerung – nur so lange, wie sie den Kolleginnen und Kollegen nicht bewusst wird. Diese Unbewusstheit führt dazu, dass die indirekte Steuerung nur ein beschränkter Ausdruck der Produktivkraftentwicklung ist.
Diese Beschränktheit macht den negativen Charakter der indirekten Steuerung aus. Er stellt sich in unterschiedlichen Problemen für die Beschäftigten dar. Diese Probleme (von überlangen Arbeitszeiten bis hin zu psychischen Belastungen) stellen die Beschäftigten vor die Aufgabe, die Unbewusstheit der indirekten Steuerung zu überwinden und ihre produktiven Fähigkeiten in die eigenen Hände zu nehmen. Dazu ist jedoch zunächst gewerkschaftliche Organisation notwendig.
Ein weiterer Schritt wäre auch noch möglich. Die Bearbeitung der gemeinsamen Arbeit könnte auch an anderen Kriterien gemessen werden als an der Profitabilität. Denkbar wären etwa Kriterien der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlage. Auch soziale Kriterien könnten die Bearbeitung der Arbeit beherrschen, wenn sie bewusst geschähe. Denkfbar wären Kriterien der Geschlechtergerechtigkeit, der sozialen Gerechtigkeit, der internationalen Solidarität usw. Aber das würde in einem zweiten Schritt einen Bruch mit der kapitalistischen Form der Organisation der gesellschaftlichen Produktion notwendig.